Mein Hund braucht einen B-Komplex

(oder auch nicht)

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Mein Hund braucht einen B-Komplex, welchen könnt ihr empfehlen? Eine Frage, die sich in Hundeforen on- und offline immer öfter finden läßt und meist auch mit zahlreichen Antworten versehen wird. Von Rossmann über Goldwert bis zu Hevert und Ratiopharm ist nahezu alles dabei. Ebenfalls immer häufiger werden B-Mängel beim Hund (mehr oder weniger) diagnostiziert und teils kommen sogar hochdosierte Injektionen einzelber B-Vitamine zum Einsatz.

Die B-Welt

B-Vitamine zählen zu den lebensnotwendigen Nährstoffen und gelten allgemein als nicht überdosierbar und entsprechend harmlos. Praktischerweise enthalten fast alle Nahrungsmittel diese wertvollen Nährstoffe schon von Natur aus. Lebenmittel tiereischen Ursprings stellen dabei jedoch die Spitzenreiter dar, allen voran Innereien wie beispielsweise Leber und Nieren. Doch reichen normale Lebensmittel aus, um den B-Bedarf eines Hundes zu decken? In der Regel, ja.

Je ausgewogener und artgerechter man ein Tier ernährt und hält, desto gesicherter ist eine mehr als ausreichende Versorgung mit den guten B-Vitaminen. Bestimmte Erkrankungen, das Erhitzen von Nahrungsmitteln und auch gewisse Arten von Stressituationen können jedoch einen individuellen Mehrbedarf an B-Vitaminen verursachen. Also gibt man am klügsten einen B-Komplex, um dem zu begegnen? Nein.

Es gibt Bedingungen, die die Gabe eines B-Komplexes absolut sinnvoll und teils sogar lebensnotwendig mache können, doch diese sind eher die Ausnahme. Zu diese Ausnahmen zählen überwiegend extremer gestaltete Diäten und bestimmte Erkrankungs- und stressbilder. Die meisten B-Mängel sind jedoch eher temporärer Natur u.a. genau dafür gibt es diese tolle Erfindung namens Immunsystem. Dieses ist auf solche Situationen nämlich bestens vorbereitet und weiß Engpässe und magere Zeiten erstaunlich gut zu händeln. Erst, wenn diese genialen körpereigenen Fähigkeiten nicht mehr ausreichen, wird es brenzlig und genau dann sollte man entsprechend reagieren. Die einfachste und prinzipiell beste Lösung ist die Gabe von Lebensmitteln, die natürlich reich an B-Vitaminen sind, wie beispielsweise rohe Leber, rohes Eigelb oder auch Bierhefe. Ürgs, roh, so’n Barferding! Nö.

B-Vitamine sind hitzeempfindlich und wasserlöslich, daher sind rohe Nahrungsmittel im Bezug auf diese Vitamine vorzuziehen. Grund hierfür sind die zumeist bessere Verträglich- und Verwertbarkeit jener. Hinzukommt, daß Nährstoffe immer auch mit ihren Kollegen wechselwirken und teils sogar stark voneinander abhängig  sind und ein isolierter B-Einsatz daher selten viel Sinn macht. Dennoch kann es manchmal notwendig sein auf synthetische Nährstoffe zurückzugreifen. Doch woher weiß man, welche Art von B-Komplex man nun braucht?

Die Fraktionen

Unterteilen wir das Ganze doch mal grob in drei Fraktionen.

Fraktion X vereint in sich alle externen Ursachen eines Mehrbedarfs an B-Vitaminen. Dazu zählen vor allem ernährungsbasierte Mängel, die nicht selten sogar rein diätbedingt sind, ob nun bewußt entstanden oder nicht. Klassische Beispiele hierfür wären Lebershunt, bestimmte Medikamentengaben und ebenso eine vegetarische oder vegane Carnivorenernährung. Auch ungewöhnlich viele Nahrungsmittelallergien können vereinzelt vergleichbare Diätsituationen provozieren und auch entsprechende Mängel erzeugen. Für solche Fälle gibt es dann aber die, wenn auch meist weniger natürlichen, B-Komplexe. Sie sind nicht unbedingt ideal, doch oft das situationsbedingt geringere Übel.

Fraktion Y beinhaltet die internen Ursachen chronischer Natur. Zu diesen gehören vor allem Erkrankungsbilder, die es dem Körper unmöglich machen, ausreichend Nährstoffe aus der eigentlich reichhaltigen Nahrung zu ziehen oder zu verwerten. Beispiele für chronische Y-Mitglieder wären also Pankreasinsuffizienz, IBD oder auch die sehr seltene perniziöse Anämie. Diesen Ursachen ist nur bedingt ernährungstechnisch zu begegnen, obgleich eine entsprechende Nahrungsanpassung bei jenen trotzdem immer zwingend erforderlich ist. Hier braucht es also oft zwei Gleise, natürliche und synthetische. Man könnte also gewissermaßen von Prothesen sprechen. Mit etwas Glück und Geschick benötigt man sie nicht unbedingt und manchmal geht es eben einfach nicht ohne sie.
Darüberhinaus gibt es aber auch noch Dinge, die schlichtweg einen übermäßig hohen Verbrauch an B-Vitaminen verursachen können, wie beispielsweise Epilepsie, Vestibularsyndrom, Krebs, Leistungssport oder auch ausgeprägte Angsttraumata. Normalerweise greift hier das Immunsystem mit seinen intelligenten Programmen, ist aber auf Grund der oft immens hohen Arbeitsanforderungen oder Baustellenzahl relativ schnell überlastet. Temporär wäre das halb so wild, doch wir sprechen hier von chronischen Situationen.

Die dritte Fraktion gehört gewissermaßen eigentlich mit zum Y-Sektor. Fraktion Z umfasst nämlich alle temporären Y-Mitglieder wie zum Beispiel Durchfall, Entzündungen des Verdauungstraktes, eine Pankreasschwäche, Dybiosen oder auch extreme Stressbelastungen. Hier können Mängel unterschiedlichster Ausprägung enstehen, sind dabei aber stets temporärer Natur. Das heißt, das Immunsystem greift hier und muß nur vereinzelt manchmal etwas unterstützt werden, jedoch nie dauerhaft.

Zuviel des Guten

Nun aber noch flott zu einem anderen wichtigen Punkt. Kann man B-Vitamine überdosieren? Jein.

Da B-Vitamine wasserlöslich sind, werden sie vom Körper bei Überschuss einfach ausgeschieden. Dennoch ist eine Überdosierung keineswegs unmöglich. Typische und zudem mehr oder weniger sichtbaren Symptome hierfür wären zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Kopfschmerzen. Da überschüssige wasserlösliche Vitamine jedoch ausgeschieden werden, ist dieser Zustand meist nur temporär. Einzige Ausnahme, ein massiver Überschuß hält an, indem man zum Beispiel einen künstlich hergestellten Nährstoffkomplex regelmäßig supplementiert, den der Körper eigentlich gar nicht benötigt oder zumindest nicht in dieser Dosis. Mit natürlichen Lebensmitteln wie zum Beispiel Leber ist diese Gefahr nicht nennenswert gegeben, da niemand, auch kein Hund, derart viel Leber essen könnte bzw. würde. (Nein, auch kein Labrador, Beagle oder Rauhaardackel.)

Eine Besonderheit bildet allerdings das Vitamin B12. Über die reguläre Nahrung ansich ist selbst bei einem gesunden Tier kaum ein Überschuß zu bewerkstelligen. Der Körper kann pro Tag nur relativ geringe Mengen davon aus der Nahrung gewinnen, der Rest wird ungenutzt ausgeschieden. Mehr ist für gewöhnlich auch nicht notwendig, da sich dieses Vitamin relativ langsam verbraucht und zudem in einem Depot gespeichert wird. Ja, richtig gelesen, Cobalamin (B12) ist wasserlöslich und wird dennoch vom Körper gespeichert und genau das macht es besonders. Zusätzlich bildet B12 mit B9 (Folsäure) eine Art untrennbares Duo, sie sind direkt voneinander abhängig und sind damit, zumindest in der Gruppe der B-Vitamine, relativ einzigartig. Dies näher zu beleuchten würde jedoch den Rahmen dieses spontanen Artikels sprengen. Vielleicht widme ich diesem Duo und seinen Verwandten bei Gelegenheit noch einen Extraartikel.

Fakt ist, B-Vitamine sind überdosierbar, trotz ihrer Wasserlöslichkeit. Die möglichen Folgen sind jedoch verhältnismäßig geringfügig. Eine Überdosierung mit B-Vitaminen ist dennoch nicht unbedingt harmlos und kann je nach Maß, Dauer und B-Art auch weniger geringfügige Schädenverursachen.

Braucht mein Hund nun zusätzliche B-Vitamine oder nicht? Gut beantworten kann dir das für gewöhnlich nur ein Ernährungsexperte und oder Tierarzt. Bedenke aber, es gibt nur relativ wenige ausreichend aussagekräftige Laborparameter, an denen man tatsächliche Mängel erkennen kann. Daher sollte man immer das Gesamtbild des Einzelfalles betrachten. Das hat ein bißchen was von einem großen Puzzle. BRAUCHT mein Hund sowas, braucht MEIN Hund das, braucht er DAS?

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