Innereien mit Märchen

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Innereien für den Hund? An und für sich kein kompliziertes Thema. Dennoch scheuen viele Hundehalter davor zurück. Sogar so manche Fachperson der Tierheilkunde warnt vor der Innereienfütterung. Andere hingegen betonen, jene Organe wären nahezu unersetzlich wertvoll, besonders im Rohzustand. Schlechte Erfahrungen mancher Tierhalter mit der Verfütterung roher Innereien runden das Ganze perfekt ab. Man läßt also besser die Finger von diesen kostengünstigen Fleischhappen, oder?

Innereien im Hundefutter – die sieben Zwerge

Beginnen wir mit den sieben Zwergen. Zugegeben, unsere hier sind eigentlich gar nicht so klein, einige von ihnen sind eher riesig. Doch da Hund jene selten mit einem Haps verspeist, nennen wir sie trotzdem Zwerge. Denn es gibt, grob betrachtet, sieben Hauptinnereien in der Hundefütterung.
Die Rohfütterer unter euch werden sich jetzt freuen, sie kennen diese natürlich bereits. Aber auch den Fertigfutterfreunden werden einige vertraut vorkommen. Unsere Zwerge heißen nämlich Leber, Niere, Herz, Milz, Lunge und Wiederkäuermägen. Unter Wiederkäuermägen sind die vier Mägen eines Wiederkäuers zusammengefasst. Dazu zählt beispielsweise der Pansen. Doch dazu später mehr.
Der Glibberzwerg Leber gilt neben dem Sumoringer Herz und der kunstbewußten Niere als wichtigste Innerei in der Hundeernährung. Dicht gefolgt vom Mauerblümchen Milz und dem Riesenzwerg Lunge. Guckt man noch ein wenig genauer hin, müßte man lebensmitteltechnisch auch Zunge, Hoden und Euter mit erwähnen. Da diese drei, neben Hirn und anderen Innereien, aber eher selten Verwendung finden, ignorieren wir sie hier dreist als solche.

Giftige Innereien - Schneewittchens Apfel

Leber und Niere filtern Giftstoffe im Körper. Deswegen glauben manche Menschen, die Verfütterung jener Organe wäre äußerst schädlich. Tatsächlich aber filtern sie die Toxine lediglich und speichern sie nicht. Daher ist die Fütterung der beiden auch nicht weiter bedenklich, außer, man würde sie in verdorbenem Zustand verwenden. Da sie dann aber immens stinken, wird wohl kaum einer auf die Idee kommen, dies zu tun. Bei der Milz sieht es ein wenig anders, sie ist ein Filter- und Speicherorgan zugleich. Doch keine Angst, sie filtert keine Gifte, sondern Blutzellen. Sie sortiert die defekten und überalterten aus und baut sie ab. Außerdem speichert sie eine große Menge Blut und somit auch Eisen. Zusammenfassend kann man also sagen, die Milz ist die Filteranlage des Blutsystems, großer Eisenspeicher und Blutkonserve in einem. Giftig ist also auch sie nicht, außer eben, man würde sie verdorben verfüttern.

Das Herz ist als Innerei ein wenig umstritten, daher zunächst nur so viel, es speichert und filtert nichts. Auch wenn man durchaus sagen könnte, es wäre der Haupttaurinspeicher des Körpers. Denn die Konzentration von Taurin im Herzen liegt mit etwa 50% doch recht hoch. Glücklicherweise handelt es sich bei Taurin aber um einen sehr nützlichen und ebenso sensiblen Nährstoff. Das Herz ist ist die zentrale Pumpstation eines jeden Tieres, hauptverantwortlich für den Bluttransport innerhalb eines Körpers. Giftig ist es nicht und auch die Lunge, als letztes öfter verfüttertes Organ, ist nicht toxisch. Sie ist für die Sauerstoffversorgung verantwortlich und man kann sie sich in etwa wie eine riesige Verteilungsstelle vorstellen. Sie filtert verbrauchten Sauerstoff (Kohlendioxid) heraus und verteilt frischen wie kleine Rucksäcke ans Blut. Die Lungenbläschen fungieren dabei wie tausende kleine Packstationen. Sie empfangen den frischen Sauerstoff aus der Atemluft und befüllen damit die neuen Rucksäcke für das Blut. Gleichzeitig werfen sie die zerschlissenen Rucksäcke mit dem Kohlendioxid in den Müll.
Mit giftigen Innereien ist es also in etwa wie mit Schneewittchens Apfel. Man kann einen Apfel gen Toxizität manipulieren, von Natur aus aber ist er nicht giftig. Es gibt also kaum einen Grund, nicht einfach beherzt hineinzubeißen und den Schmaus zu genießen.

Die sieben Zwerge und ihr Nutzen - Spieglein Spieglein

Doch wozu füttert man denn nun überhaupt Innereien? Diese Organe sind natürliche Nährstoffbomben, randvoll mit besonders wichtigen Nährstoffen. Die Leber beispielsweise enthält sämtliche B-Vitamine und davon reichlich. Sogar inklusive des besonderen B12 und dessen Partner Folsäure, welche man neben recht beachtlichen Mengen an Vitamin A und D in ihr findet. Im Vergleich zu Muskelfleisch bietet sie außerdem viel Eisen, Kupfer und Mangan. Nieren wiederum sind wertvolle Lieferanten von Selen. Die Milz, als Eisenspeicher des Körpers, bietet große Mengen dieses wertvollen Spurenelements. Das Herz wiederum beherbergt viel Taurin, allerdings ist dieses hochsensibel. Taurin ist sowohl hitze-, als auch frost und sauerstoffempfindlich. Man konnt fast behaupten, es sei eine Mimose. Die Lunge birgt, auf Grund ihres Packstationdaseins verhältnismäßig viel Eisen. Dennoch wird sie oft als vernachlässigbare Innerei in der Hundefütterung angesehen, da sie als relativ schwerverdaulich gilt. Einen winzig kleinen Haken hat die Innereienfütterung allerdings. Die meisten der wertvollen Nährstoffe in ihnen sind hitzeempfindlich, einige sogar frost- und sauerstoffempfindlich. Sie zu garen, wäre also nicht sehr empfehlenswert. Einzige Ausnahme ist dabei die Leber im Rahmen von Schonkost.

Pflanzen als Vitaminspender – Brotkrummen

Kann man Innereien nicht einfach mit Gemüse und Obst ersetzen? Bedauerlicherweise ist dem nicht so, nicht beim Carnivoren Hund. Denn wie das Wort Carnivor* bereits ausdrückt, ist dieser auf eine fleischlastige Ernährung angewiesen. Das bedeutet daher auch, er bezieht alle essentiellen Nährstoffe aus tierischer Nahrung. Ein Hund ist nicht in der Lage pflanzliche Zellwände aufzuspalten. Wer schonmal rohe Möhre am Stück verfüttert hat, hat diese möglicherweise später im Kot seines Hundes wiedergefunden. In eben solchen Stückchen, in denen sie verschluckt wurde. Aber zurück zu den pflanzlichen Vitaminspendern. Da Hunde deren Zellwände nicht aufspalten können und verdauungstechnisch auf völlig andere Nahrung ausgelegt sind, haben sie keinen Zugriff auf die in Pflanzen enthaltenen Nährstoffe. Zwar kann man dem ein wenig nachhelfen, indem man die Pflanzen orweg püriert oder gart, doch selbst dann handelt es sich noch immer um einen Carnivoren. Dem Hund ist also nur begrenzter Zugriff auf Pflanzeninhaltstoffe möglich und das auch nur, wenn sein Mensch mechanisch vorgearbeitet hat. Auch die Zugabe von Öl mag dies nicht auszugleichen. Öl zum Gemüse zu geben ist gut, für Menschen. Ist genug Fett in den restlichen Zutaten enthalten, braucht es kein Öl, um die fettlöslichen Nährstoffe nutzen zu können. Beim roh ernährten Hund erübrigt sich derartiges also, da sein Futter für gewöhnlich genug Fett enthält.  (Ähnliches gilt übrigens auch für Menschen, außer sie essen Gemüse pur.)
Mit Pflanzen als Vitaminspender ist es also ein bißchen wie mit den Brotkrummen bei Hänsel und Gretel. Kann man machen, ist nur nicht nennenswert zielführend.

* Der Begriff Carnivor stammt aus dem Lateinischen und setzt sich aus caro, carnis (Fleisch) und vorare (gierig fressen) zusammen.

Herz und Zunge – Hänsel und Gretel

Man könnte meinen, Herz und Zunge hätten sich versehentlich in die List der Innereien verlaufen. Denn im Gegensatz zu den anderen regulär verfütterten, sind sie zugleich Muskeln. Dieser Fakt ist ein beliebter Streitpunkt unter Hundefütterern. Selbiges gilt für die Verfütterung der meisten Mägen. Sind sie nun mehr Muskel oder mehr Innerei? Tatsache ist, sie alle sind beides. Doch wie wertet man sie dann im Rahmen der Rohfütterung?

Diese Entscheidung muß gewissermaßen jeder für sich selbst treffen. Doch Herz auf Zunge, egal wie man sich entscheidet, es ist keine Katastrophe. Nährstofftechnisch bringen sie keine riskanten Änderungen mit sich, wenn man gelegentlich eine größere Menge verfüttert als es bei bloßer Innereienfütterung üblich wäre. Dies gilt jedoch nur für gesunde Tiere! Bei einzelnen Erkrankungen und sogar Medikamenten gelten, wie fast überall, sozusagen andere Gesetze.

Wer sich nicht entscheiden kann, versuche folgendes Experiment. Gebraucht werden je ein Putenherz und -magen, eine Putenleber und Lammniere, sowie eine Ziegenzunge und ein Stück möglichst mageres Rindfleisch am Stück. (Natürlich könnt ihr die jeweilige Tierart der Bestandteile frei wählen. Diese hier sind nur Beispiele.) Halbiert nun jedes dieser Lebensmittel und betrachtet als erstes das Rindfleisch. Seht mal genauer hin. Wie sieht die erkennbare Gewebestruktur aus? Nun guckt euch mal die Putenleber ebenso genau an. Vergleicht es anschließend mit dem Rindfleisch. Gibt es Unterschiede? Verfahrt nun genauso mit der Niere, Zunge, dem Herzen und Magen. Vergleicht ihre sichtbare Gewebestruktur mit dem Rindfleisch. Was fällt euch auf? Nochmal zur Erinnerung erwähnt, Leber und Niere sind ‚echte‘ Innereien. Das Rindlfleisch ist ‚echtes‘ Muskelfleisch. Wo ihr Herz, Magen und Zunge einordnen möchtet, obliegt nun euch.

Pansen und Freunde – einer für alle und alle für einen

Erwischt, die Musketiere sind eigentlich kein Märchen. Dennoch passen sie einfach gut zum Thema, da ein Wiederkäuer vier Mägen besitzt und diese nur gemeinsam stark sind. Rohfütterer verwenden in der Regel nur zwei der vier Wiederkäuermägen, nämlich den Pansen und Blättermagen. Der Grund dafür ist einfach erklärt. Der Inhalt des eines Pansens ist dem ursprünglichen Futterzustand am nächsten, der des Blättermagens nähert sich schon mehr dem späteren Ausgabeformat namens Kot. Das Nahrungsendprodukt kurz vor Ausgabe möchte kein Mensch gern in einem Futternapf haben. Dies hat neben der Konsistenz vor allem Duftgründe. Einen besonders erwähnenswerten Nährwert besitzen diese vier Musketiere jedoch nicht. Ein Hund kann auch ohne sie gesund leben, nur ist das ein bißchen wie mit Menschen und Schokolade.

Nebenwirkungen & Wundermittel – Salz in der Suppe

Zugegeben, Wundermittel gibt es nicht. Dennoch sind Innereien in der Hundefütterung durchaus einen besonderen Blick wert. Wie bereits erwähnt, sind sie wahre Nährstoffbomben und andere natürliche Nährstoffkomplexe können da nicht mehr so leicht mithalten. Zugleich sind aber insbesondere Innereien auch für mögliche Nebenwirkungen bekannt. Dazu zählt vor allem Durchfall, der oft als Unverträglichkeitsreaktion aufgefasst wird. Genaugenommen ist er das auch. Verfüttert man nämlich versehentlich zu viel Innerei auf einmal, kann die natürliche Konsistenz jener durchschlagende Wirkung haben. Wieviel Innerei ein Hund auf einmal verträgt, ist individuell. Auf Innereien allgemein existiert keine direkte Allergie oder Unverträglichkeit. Auf einzelne Tierarten kann Hund jedoch durchaus reagieren. Sogar das Futter des Schlachttieres kann hier eine Rolle spielen, insbesondere bei Mägen. Reagiert ein Hund auch auf kleine Mengen Innereien jeder Art, liegt für gewöhnlich eine andere Ursache vor, meist im Verdauungstrakt. Innereien sind gewissermaßen das Salz in der Suppe. Zuviel davon ergibt eine Ungenießbarkeit, mit Nebenwirkungen obendrauf. Zu wenig und es ergeht einem in etwa wie dem Vater von Prinzessin Mäusehaut.

Fassen wir also grob zusammen. Innereien sind nicht giftig, sondern sogar sehr wertvoll. Dennoch sollte man sie nicht unbedingt kiloweise füttern, außer man braucht einen gewissen Extrasport. Denn wenn Durchfall raus will, dann meist mit reichlich Tempo. Speziell bei langfelligeren Tieren findet man anschließend sogar Souvenirs davon vor. Wer Innereien nicht gekühlt lagern kann und innerhalb von spätestens 48h verbrauchen, sollte sie möglichst rechtzeitig einfrieren. Diese Organe sind nämlich ebenso empfindlich wie Fisch in Sachen Verderblichkeit. Kann man eigentlich auf Innereien in der Rohfütterung verzichten? Es kommt drauf an. Man kann auf sie verzichten, aber keinesfalls ohne ausgeklügelten Ersatz für die dann teils massig fehlenden Nährstoffe. Bestimmte Erkrankungen können mindestens einen Teilverzicht auf jene Tierbestandteile erfordern. Liegen aber keine gesundheitlichen Gründe, wäre es klüger nicht auf diese Nährstoffbomben in der Ernährung eures Hundes zu verzichten.

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Quellen: Das Leber-Buch, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, von Prof. Dr. med. Henryk Dancygier, Prof. Dr. med. Heiner Wedemeyer, Prof. Dr. med. Markus Cornberg, Prof. Dr. med. Stefan Zeuzem, Prof. Dr. med. Michael P. Manns, Alexander Hoffmann, Bianka Wiebner; Leading Medicine Guide: Die Milz – Anatomie, Funktionen und Aufgaben; Cardio Guide: Das Herz; Urology Guide: Die Niere – Lebenswichtiges „Klärwerk“ des menschlichen Körpers; aminosaeure.com: Taurin; Ernährung des Hundes, 7. aktualisierte Auflage, von Helmut Meyer, Jürgen Zentek; Annika Appel